Normalerweise bin ich eher selten in der Administration unseres Kontaktlinseninstituts anzutreffen, aber hin und wieder ergibt sich natürlich die Gelegenheit, die eintreffenden Kunden selbst zu bedienen.
Die stark geröteten Augen der jungen Frau fielen mir sofort auf. Sie fragte schüchtern, ob ich ihr einen Termin zur Kontrolle geben könne, da sie seit einiger Zeit massive Probleme mit ihren Monatslinsen hätte. Der Leidensdruck war deutlich spürbar und der von mir kurzfristige Terminvorschlag wurde von ihr sofort angenommen.
Einen Tag später sass sie nun bei mir im Anpassungsraum und beschrieb mir ihre letzten vier Jahre des Linsentragens, eine echte „Linsen-Odyssee“. Sie wurde bereits als 15jährige mit Monatslinsen versorgt und trug diese Linsen täglich von morgens bis abends. Vor vier Jahren wurde das Linsentragen durch eine Hornhautentzündung auf beiden Augen jäh unterbrochen. Eine weitere Entzündung der Hornhaut wiederholte sich zwei Jahre später. Der damalige Augenoptiker tauschte die Monatslinsen durch ein anderes Wegwerflinsenprodukt aus. Als der Augenarzt die massiven Vaskularisationen (Gefässeinsprossungen) der Hornhaut feststellte, bat er seine Patientin zu einem Kontaktlinseninstitut zu wechseln.
Bildbeschreibung: zirkuläre Vaskularisationen Grad 3, deutliche Injektion Grad 3
Bildbeschreibung: Cornea nach Abnahme der Austauschlinse mit Fluoreszein
Meine Kundin beschrieb mir das ständige Fremdkörpergefühl, die täglich stark geröteten Augen, das nur noch stundenweise Tragen der Kontaktlinsen und besonders die häufigen Kopfschmerzen.
Nach der objektiven Beurteilung, Refraktion und einer Topographieaufnahme mit dem Keratograph, setzte ich ihr formstabilen Probelinsen auf. Normalerweise wird ein langjähriger Weichlinsenträger zunächst ein leichtes Fremdkörpergefühl spüren, aber meine Kundin meinte, es fühle sich auf alle Fälle besser an als zuvor.
Jeden Monat bat ich sie zur Nachkontrolle vorbei zu schauen, damit ich die Hornhautoberfläche begutachten und auch messen konnte. Die Hornhautradien veränderten sich in dieser kurzen Zeit sukzessiv, was heisst, sie wurden allmählich wieder flacher und gingen wieder in den ursprünglichen topographischen Zustand zurück. Nach drei Monaten wurde beidseits eine ganze Dioptrie weniger Minus gebraucht, als zu Beginn der Anpassung.
Beispiel rechtes Auge:
1. Messung nach Entnahme der Austauschlinse:
- rh: 7.53mm
- rv: 7.41mm
- A: 18.6°
- Ast.: 0.7dpt
- Exz.: 0.57
Messung nach drei Monaten:
- rh: 7.70mm
- rv: 7.62mm
- A: 166.4°
- Ast.: 0.4dpt
- Exz: 0.14
Meine Kundin trägt inzwischen problemlos ihre formstabilen Linsen. Die Kopfschmerzen sind verschwunden und der objektive Befund ist einwandfrei, abgesehen von den „Geistergefässen“.
Tipps für Kontaktlinsenanpasser:
- Die Anpassung über einen längeren Zeitraum, bei möglichst kurzen Nachkontrollintervallen, beobachten.
- Vergleichsmessungen mit dem Keratograph durchführen und gegebenenfalls die Anpassung auf die neuen Parameter abstimmen.
- Regelmässige topographische Messungen bei der Nachkontrolle zeigen frühzeitig eventuelle Veränderungen der Hornhautgeometrie. Dies ist besonders wichtig bei Austauschlinsen, bzw. bei allen weichen Kontaktlinsen.
- In der Nachkontrolle von Weichlinsenträgern gehört die Überprüfung der Hornhaut mit Fluoreszein zur Nachkontrollroutine.