„The Cornea Horror Picture Show“

Normalerweise bin ich eher selten in der Administration unseres Kontaktlinseninstituts anzutreffen, aber hin und wieder ergibt sich natürlich die Gelegenheit, die eintreffenden Kunden selbst zu bedienen.

Die stark geröteten Augen der jungen Frau fielen mir sofort auf. Sie fragte schüchtern, ob ich ihr einen Termin zur Kontrolle geben könne, da sie seit einiger Zeit massive Probleme mit ihren Monatslinsen hätte. Der Leidensdruck war deutlich spürbar und der von mir kurzfristige Terminvorschlag wurde von ihr sofort angenommen.

Einen Tag später sass sie nun bei mir im Anpassungsraum und beschrieb mir ihre letzten vier Jahre des Linsentragens, eine echte „Linsen-Odyssee“. Sie wurde bereits als 15jährige mit Monatslinsen versorgt und trug diese Linsen täglich von morgens bis abends. Vor vier Jahren wurde das Linsentragen durch eine Hornhautentzündung auf beiden Augen jäh unterbrochen. Eine weitere Entzündung der Hornhaut wiederholte sich zwei Jahre später. Der damalige Augenoptiker tauschte die Monatslinsen durch ein anderes Wegwerflinsenprodukt aus. Als der Augenarzt die massiven Vaskularisationen (Gefässeinsprossungen)  der Hornhaut feststellte, bat er seine Patientin zu einem Kontaktlinseninstitut zu wechseln.Bild_Neo_Elisabeth_Muckenhirn_Quellenangabe_480

Bildbeschreibung: zirkuläre Vaskularisationen Grad 3, deutliche Injektion Grad 3

Bild_nach Abnahme der Linse_Elisabeth Muckenhirn_Quellenangabe_480Bildbeschreibung: Cornea nach Abnahme der Austauschlinse mit Fluoreszein

Meine Kundin beschrieb mir das ständige Fremdkörpergefühl, die täglich stark geröteten Augen, das nur noch stundenweise Tragen der Kontaktlinsen und besonders die häufigen Kopfschmerzen.

Nach der objektiven Beurteilung, Refraktion und einer Topographieaufnahme mit dem Keratograph, setzte ich ihr formstabilen Probelinsen auf. Normalerweise wird ein langjähriger Weichlinsenträger zunächst ein leichtes Fremdkörpergefühl spüren, aber meine Kundin meinte, es fühle sich auf alle Fälle besser an als zuvor.

Jeden Monat bat ich sie zur Nachkontrolle vorbei zu schauen, damit ich die Hornhautoberfläche begutachten und auch messen konnte. Die Hornhautradien veränderten sich in dieser kurzen Zeit sukzessiv, was heisst, sie wurden allmählich wieder flacher und gingen wieder in den ursprünglichen topographischen Zustand zurück. Nach drei Monaten wurde beidseits eine ganze Dioptrie weniger Minus gebraucht, als zu Beginn der Anpassung.

Topographie_Abnahme Austauschlinse_EM_1_480Beispiel rechtes Auge:

1. Messung nach Entnahme der Austauschlinse:

  • rh: 7.53mm
  • rv: 7.41mm
  • A: 18.6°
  • Ast.: 0.7dpt
  • Exz.: 0.57

 

Topographie_nach 3 Mon GPHCL_EM_2_480

 

Messung nach drei Monaten:

  • rh: 7.70mm
  • rv: 7.62mm
  • A: 166.4°
  • Ast.: 0.4dpt
  • Exz: 0.14

 

 

 

Meine Kundin trägt inzwischen problemlos ihre formstabilen Linsen. Die Kopfschmerzen sind verschwunden und der objektive Befund ist einwandfrei, abgesehen von den „Geistergefässen“.

Tipps für Kontaktlinsenanpasser:

  • Die Anpassung über einen längeren Zeitraum, bei möglichst kurzen Nachkontrollintervallen, beobachten.
  • Vergleichsmessungen mit dem Keratograph durchführen und gegebenenfalls die Anpassung auf die neuen Parameter abstimmen.
  • Regelmässige topographische Messungen bei der Nachkontrolle zeigen frühzeitig eventuelle Veränderungen der Hornhautgeometrie. Dies ist besonders wichtig bei Austauschlinsen, bzw. bei allen weichen Kontaktlinsen.
  • In der Nachkontrolle von Weichlinsenträgern gehört die Überprüfung der Hornhaut mit Fluoreszein zur Nachkontrollroutine.

Das ist mir echt schleierhaft!

Eine langjährige Kundin von mir bekam vorletzte Woche ihre neuen formstabilen Kontaktlinsen. Entnervt schilderte sie mir einige Tage später, dass die Kontaktlinsen nur für wenige Stunden getragen werden können, da sie in kürzester Zeit beschlagen und sie dadurch eine sehr schlechte Sicht habe. Das ist mir echt schleierhaft, wie das passieren kann. Die Doppeldeutigkeit in ihren Worten brachte mich zum Schmunzeln. Meine Kundin, eine Kosmetikerin in den besten Jahren, hatte sich so viel Makeup um die Augen „gesalbt“, dass es beim Blick in die Spaltlampe so aussah, als wäre es Weihnachten! Glitzerförmige farbige Partikel spazierten fröhlich mit dem Lidschlag über die Linsenfläche. Kein Wunder, dachte ich mir, sprach es aber vorsichtshalber erst einmal nicht aus. Durch eine bedächtige Fragestellung 🙂 tastete ich mich vor: Könnte es möglich sein, dass sie sich neuerdings mit neuen Produkten der Augenpflege versorgen, die zur Zierde des Gesichts dienen, aber sich eventuell suboptimal auf den Verschmutzungsgrad der Kontaktlinsen auswirken? Sie schaute mich verdutzt an. Sicher, in meinem Beruf teste ich natürlich alles Neue selber aus! Ja, meinen Sie, das könnte eventuell der Grund sein?  Ich nickte und erklärte ihr den Sachverhalt. Makeup, Augengels oder -creme, Sonnencreme und so weiter wandern problemlos über die Augenlidkante ins Auge hinein und von dort aus über den Lidschlag auf die Oberfläche der Kontaktlinsen. Eine schlechte Benetzung der Kontaktlinse aufgrund der fettigen Oberfläche der Linse führt dann auch zu einer schlechten Sicht. Das klingt logisch, meinte sie. Und was mache ich jetzt?

Tipps:

  • Beim Kauf von Kosmetikartikeln für die Augen (Mascara, Lidschatten) auf Kontaktlinsenträger geeignete Produkte achten.
  • Den Kajal nicht direkt auf der Lidkante, sondern unterhalb der Lider, entlang der Wimpern anbringen.
  • Augengels nicht zu nahe an den Augenlidkanten auftragen.
  • Puder und glitzerhaltige Cremes sind nicht empfehlenswert.
  • Zuerst schminken, dann Kontaktlinsen aufsetzten. Zuerst Kontaktlinsen absetzten und dann abschminken.
  • Beim Abschminken auch die Lidränder gründlich reinigen. Gut eignet sich ein mit warmem Wasser befeuchteter Wattepad. Dafür das untere Augenlid mit einem Finger nach unten ziehen und das obere Lid nach oben ziehen, damit die Lidränder gut erreicht werden können. Für jedes Auge einen neuen Pad verwenden.
  • Zum Reinigen der Kontaktlinsen einen tensidhaltigen (seifenähnliche Substanzen), bestenfalls einen alkoholhaltigen Reiniger verwenden. Darauf achten, ob sich der Reiniger auch für den Kontaktlinsentyp (formstabil oder weich) eignet. Danach die Linsen mit entprechenden Abspüllösungen abspülen.
  • Nachfettende Handseife kann die Kontaktlinsen beim manuellen Reinigen zusätzlich verschmieren.
  • Bei der Verwendung von Haarspray immer die Augen schliessen, damit die Partikel nicht auf die Kontaktlinsen geraten.

Meine Kundin hat mich nach einigen Tagen darüber informiert, dass nun alles wieder in Ordnung sei. Der Übeltäter sei die abends aufgetragene Augencreme gewesen, die zwar zu einer Reduzierung der Fältchen führen soll, aber eben dieses Geschmier verursacht. Durch das Auftragen der Creme mit etwas Abstand zur Augenlidkante sei es nun wieder wie früher und den Kampf gegen die Falten werde sie damit nicht so schnell aufgeben müssen.